Wer auch mal im Flugzeug von oder nach Europa unterwegs ist, sollte die EU-Flugastrechte kennen. Bei Verspätungen von mehr als 2 Stunden oder weiteren Ereignissen wie Anullierung hat man i.d.R. Anspruch auf Entschädigung.
Ich empfehle jedem, der auch mal per Flugzeug unterwegs ist, sich die verlinkte Wikipedia-Seite anzusehen. Unternehmen kennen immer ihre Rechte und setzen sie durch. Nur Verbraucher oft nicht. Das ist sehr schade.
19 Stunden und ein Hotel später
Ich habe letzten Dezember auf dem Rückflug von Lissabon erstmal den Fall gehabt, dass ein Flug überhaupt nicht nach Plan lief. LH1167 hatte 19 Stunden Verspätung. Aus dem planmäßigen Abflug 12:05 Uhr wurde 7:35 Uhr am folgenden Tag.
Nun ja, ich kannte damals schon meine Rechte. Bei so einer Verspätung und Flug am nächsten Tag habe ich Anspruch auf kostenlose Hotelübernachtung, Taxi-Fahrten dorthin und von dort zurück sowie Verpflegung. Und 400€ Entschädigung.
Bis auf letztes habe ich auch alles direkt bei Lufthansa vor Ort bekommen. Was mich aber ärgerte: Ich habe das alles bekommen, weil ich das gefordert habe und wusste, was mir zusteht. Zu keinem Zeitpunkt aber wurden die Passagiere über ihre Rechte informiert.
Mir ist aufgefallen vor dem Abflug, dass offenbar viele am Terminal übernachtet haben. Und wohl auch auf eigene Kosten (teuer!) gegessen haben. Ich hatte hingegen zwei längere Taxi-Fahrten, eine sehr komfortable Nacht im 4‑Sterne-Hotel mit Badewanne und Mini-Bar, Buffett und freie weitere Getränke samt Weckservice. Nach der Preisliste hat alleine das die Lufthansa das dreifache von dem gekostet, was ich für beide Flüge bezahlt haben. (Auch wenn sie sicherlich Rabatt bekommen.) Aber das ist halt das wirtschaftliche Risiko.
Wer seine Rechte nicht kennt, bekommt nichts
Natürlich kann ich es aus wirtschaftlichen Aspekten verstehen, dass Lufthansa die Passagierrechte nicht an die große Glocke hängen will. Aber anständig finde ich das nicht. Lufthansa würde mit aller rechtlichen Gewalt alle Rechte gegen mich durchsetzen, sollten sie von mir etwas zu fordern haben. Die Passagiere müssten das auch tun. Das wäre nur gerecht.
Die 400€ Entschädigung will Lufthansa mir auch erstmal nicht bezahlen, weil das Wetter schuld daran gewesen sei. Dann müssten sie auch wirklich nicht zahlen. Dumm nur, dass alle anderen Flugzeuge geflogen sind, selbst ein anderes von Lufthansa nach München. Hatte dieses Flugzeug in Lissabon besseres Wetter dabei?
Inofiziell hieß es, dass die Crew-Pausenzeit aufgrund des verspäteten Eingangsfluges überschritten wurde und die Crew deswegen erst nach einer Nacht wieder fliegen darf. Das ist völlig richtig so. Aber der Punkt hier in meinen Augen ist dann folgender: Wenn der Flugplan dermaßen eng getaktet ist, dass selbst eine kurze Verspätung den letzten Flug des Tages für diese Crew unmöglich macht, ist das ein Organisationsversagen. Wenn man keinen Puffer einplant, muss man halt mit den Konsequenzen leben. Und dann nicht fehlerhafte Planung mit Wetterproblemen überdecken.
Durchsetzung durch Fluggastrechteorganisationen
Zum Glück gibt es Organisationen, die das Geschäftsmodell haben, Forderungen von Passagieren einzukaufen und diese anwaltlich und ggf. gerichtlich durchzusetzen. Die Passagiere erhalten dann die Entschädigung abzüglich einer Provision.
Mein Fall liegt mittlerweile bei flightright.de, wo sich noch weitere Passagiere dieses Fluges gemeldet und eine Vollmacht ausgestellt haben. Es läuft jetzt eine Musterklage vor Gericht. Evtl. wird dann geklärt, inwiefern Fluggesellschaften es zu verantworten haben, wenn sie zu wenig Pufferkapazitäten bereitstellen. Mal schauen, ob die Wetter-Ausrede vor Gericht stand hält. Das kann jetzt 1–2 Jahre dauern. Aber ich habe immerhin keinen Stress damit, sondern bekomme die Entschädigung im Erfolgsfall. (Und zahle nichts — auch nicht im Falle des Scheiterns der Klage.)
Daher, zum Schluss nochmal die Bitte: Lest bei Gelegenheit man den Artikel über Fluggastrechte durch und haltet das immer im Hinterkopf. Und sagt das ggf. auch weiter, wenn ihr hört, dass jemand in Kürze fliegen will.