Das Internet-Nachrichtenformat RSS ist vom Prinzip her einfach zu verstehen: Man abonniert eine Webseite und bekommt neue Beiträge in einem Programm oder Webdienst seiner Wahl angezeigt. Der richtige Umgang damit macht meiner Beobachtung nach jedoch vielen Probleme. Wenn man sich aber keine Gedanken über die Struktur und „Lesearten” von RSS-Feeds macht, kann es vorkommen, dass man für sich keinen Nutzen daraus ziehen kann. Und sich beim Anblick der RSS-Feeds ein Gefühl einstellt wie bei 843 ungelesenen E‑Mail-Nachrichten im Postfach. Aber das muss nicht sein.
Auslöser für diesen Artikel ist Lukas’ Beitrag über die Aggregationssoftware fever. Fever aggregiert Meldungen aus einer eigenen, möglichst großen RSS-Sammlung und ermöglichst einen Überblick über die am stärksten diskutierten Themen daraus. Sozusagen Rivva für den Hausgebrauch mit einer eigenen Auswahl an berücksichtigten Seiten. Zudem bietet es einige Ordnungsfunktionen für Feeds an. Den Sinn hätte ich vor zwei Jahren noch verstanden, aber so problemlos, wie ich RSS mittlerweile nutze, sehe ich ihn heute für mich nicht mehr.
Beim Lesen ist mir aber auch eingefallen, dass ich schon öfter Schwierigkeiten hatte, andere vom Sinn und Nutzen von RSS zu überzeugen. Oft hörte ich Aussagen in der Art „Dafür habe ich aber keine Zeit” oder „Das ist aber alles viel zu viel”. Mittlerweile habe ich erkannt, dass RSS wie auch Twitter ein Dienst ist, der zwar technisch leicht zu erklären ist, seinen vollen Nutzen aber erst durch eine bestimmte Art des Umgangs offenbart.
Ich selbst habe lange durch Versuch und Irrtum einen für mich optimalen Umgang mit RSS erlernen müssen. Herausgekommen sind dabei folgende Erkenntnisse:
- Ordne die Feeds thematisch in Ordner — Ich verwalte meine Feeds aktuell in 18 Ordnern, die Feeds aus jeweils einem Interessengebiet beinhalten. Dadurch wird es viel übersichtlicher und ermöglichst vor allem folgendes:
- Priorisiere und gruppiere die Ordner — Ich lese fast nie an einem Stück alle neuen Beiträge, sondern wähle je nach Nutzungskontext bestimmte Ordnergruppen aus. Beim Frühstück lese ich Global‑, National- und Lokalnachrichten als erstes, gefolgt von Aggregatorenfundstücken (über Rivva und buzzly) und weiteren Gebieten. Unterwegs in Bussen und Bahnen lese ich oft den Comic-und-Humor-Ordner und verschiedene themenspezifische Ordner.
Die Feeds mit der höchsten Publikationsfrequenz überfliege ich dabei immer beim Frühstück, sodass die meisten Beiträge relativ schnell ausgelesen beziehungsweise überflogen und abgehakt sind. In die unwichtigsten Ordner schaue ich nur gelegentlich hinein. Niedrig-priorisierte Feeds sind etwa Beiträge von Open Source-Projekten, bei denen man auf dem Laufenden bleiben will. - Umgang mit Feeds mit hoher Publikationsfrequenz — Wenn eine Seite täglich sehr viele neue Inhalte veröffentlicht, kann das Verfolgen aller neuen Beiträge sehr aufwendig sein. Ich habe zwei Wege gefunden, um damit umzugehen: Gar nicht erst abonnieren oder — wenn’s wirklich wichtig ist — sie nur in Kompaktdarstellung (siehe nächster Punkt) zu lesen.
- Lese nicht alle Ordner gleich — Es gibt mindestens zwei Wege, einen Ordner mit RSS-Feed zu lesen: Durch Anzeige eines kompletten Feed-Inhalts oder nur der Überschriften (ich nenne das „Kompaktdarstellung”). Letzteres ist eine tabellarische Sicht, die in jeder Zeile nur die Überschrift anzeigt und dahinter je nach verfügbarem Platz noch die ersten Worte oder Sätze des Textes. Dadurch habe ich auf meinem Monitor knapp 30 Artikelüberschriften im Blick und kann sie sehr schnell überfliegen. Je nach Feed ist eine Methode besser geeignet als die andere. Feeds, die ich fast immer vollständig lese, lasse ich komplett anzeigen. Feeds, deren Beiträge mich nur ab und zu interessieren, lasse ich mir in der Kompaktdarstellung anzeigen.
- Du musst nicht immer alles lesen — Im Gegensatz zu E‑Mails kann sich hinter einem RSS-Beitrag nie eine Aufforderung zu einer Aktion befinden. Ich unterscheide mittlerweile mental — zumindest bilde ich mir das ein ;-) — zwischen ungelesenen E‑Mail-Nachrichten und ungelesenen RSS-Feeds. Und aufgrund der Priorisierung der Feed-Ordner weiß ich auch, dass ich im Zweifel nichts für mich relevantes verpasse. Daher habe ich auch keine Probleme mit Foren-Feeds. Bei Gelegenheit schaue ich kurz drüber und markiere schnell alles als gelesen. Auch wenn ich vielleicht nur die ersten paar dutzend Beiträge gelesen habe. Aber das genügt mir. Ich muss nicht überall alles lesen.
Es geht aber auch anders: Ständig aktiv sind bei mir nur knapp 50% der Feeds. Die anderen stammen von Blogs oder Webseiten, bei denen sich nur sehr selten etwas ändert. Dass ich auch bei solchen Seiten immer auf dem Laufenden sein kann, ohne jede Woche manuell eine lange Liste abarbeitend überall vorbeischauen zu müssen, ist für mich eine der wichtigsten Funktionen von RSS. Man kann es auch so machen wie ein Bekannter von mir, der seinen RSS-Dienst nicht als aktuellen Informationskanal nutzt, sondern nur als Sammelbecken von ca. 20 verschiedenen, sich selten ändernden Seiten. Auf den RSS-Dienst greift er sporadisch zu und muss so nicht mehr sporadisch auf ca. 20 verschiedenen Seiten nachschauen.
Noch ein Hinweis zur Priorisierung: Ich priorisiere nie mit proprietären Funktionen, sondern nutze dafür nur die Bezeichnungen der Feeds und Ordner (etwa „I.1 Ordername” usw.). Das klappt wohl mit jedem RSS-Programm oder ‑Dienst.
Das einzige „Problem”, das ich derzeit noch in Bezug auf RSS habe, hat nichts direkt damit zu tun. Ich nutze nämlich derzeit Google Reader. Leider. Es funktioniert zwar alles wunderbar, aber möchte solch einen Dienst auf einem eigenen Server betreiben, da die ausgewählten RSS-Feeds ja doch schon viel über eine Person aussagen. Leider ist mir weiterhin keine (Open Source-) Software bekannt, über die ich mit einer Web-Oberfläche Feeds verwalten und anzeigen, und (jetzt kommt das K.O.-Kriterium) auch offline auf dem iPhone genutzt werden kann. Falls du so etwas kennen solltest, schreib’ es bitte in die Kommentare.
Wenn dir weitere Tipps dazu einfallen, schreib’ einen Kommentar. (Aber primär ist das hier auch nur ein Ich-brauche-eine-URL-um-das-nicht-ständig-wieder-neu-erklären-zu-müssen :-)
Danke für den Beitrag, hat mich inspiriert RSS vielleicht doch noch mal auszuprobieren. Sah bisher den Nutzen nicht, aber eine priorisierte Ordnerstruktur ist eine gute Idee!
Schau dir mal rsslounge an: http://rsslounge.aditu.de/
Ich selbst benutze bisher das Firefox Addon Brief und bin damit auch sehr zufrieden.