Notizen und Gedanken von Andreas Marc Klingler

Fern­bus­se in Deutschland

Als ich knapp ein Jahr lang in Madrid leb­te, fuhr ich oft mit Fern­bus­sen durch Spa­ni­en. Dar­an gewöhnt war es ein ech­ter Rück­schritt für mich, in Deutsch­land immer die Bahn ver­wen­den zu müs­sen, die durch 3- bis 5‑fach so hohe Prei­se vom häu­fi­ge­ren Rei­sen abhält.

Doch bekannt­lich ist seit nun knapp einem Jahr das inner­deut­sche Fern­bus­ver­bot (zu 90%) gefal­len. Euro­päi­sche Nor­ma­li­tät kehrt ein und es betrei­ben mitt­ler­wei­le meh­re­re Unter­neh­men Fern­bus­li­ni­en inner­halb Deutsch­lands. Da ich seit Novem­ber oft von Frank­furt nach Ber­lin pen­de­le, habe ich mitt­ler­wei­le acht­mal Fern­bus­se für die­se Ver­bin­dung verwendet.

Als ich dass öfter mal erwähnt habe, sind Gesprächs­part­ner oft erstaunt dar­über gewe­sen, dass es so etwas über­haupt gibt und jemand sol­che Far­ten auf sich nimmt. Aber da ist meist Unwis­sen­heit mit fal­schen Vor­stel­lun­gen im Spiel gewesen.

Unter­wegs im Fernbus

Die Dau­er der Rei­se von gut 6:30 Stun­den für Frank­furt-Ber­lin emp­fin­de ich nicht als pro­ble­ma­tisch. Wenn man von dem noch teu­re­ren ICE-Sprin­ter absieht, der die Stre­cke in 3:45 Stun­den schafft, braucht man mit nor­ma­len ICE-Ver­bin­dun­gen 4:30 bis 5:00 Stun­den. Doch für die andernt­halb bis zwei Stun­den Zeit­er­spar­nis zahlt man dann selbst mit Bahn­card 25 das 3- bis 5‑fache. Das ist es mir ein­fach nicht wert.

Im Kom­fort sehe ich auch kei­ne Unter­schie­de. Die Bus­se sind genau­so modern aus­ge­stat­tet wie in Spa­ni­en und haben trotz noch gül­ti­ger Mitstö­rer­haf­tung Inter­net-Zugang per Wlan ohne Authen­ti­fi­ka­ti­on. Jeden­falls zu gefühlt 2/3 der Fahrt­zeit, je nach Netz­ab­de­ckung. Steck­do­sen gibt’s auch, wenn auch nicht an jedem Sitz, den man sich aber aus­su­chen kann. Die Bein­frei­heit ist ver­gleich­bar und ange­sichts der Aus­las­tung von ca. 25 bis 66 Pro­zent bei mei­nen bis­he­ri­gen Fahr­ten hat man auch prak­tisch immer bei­de Sitz­plät­ze zur Ver­fü­gung. Wobei sich das im Lau­fe der Zeit natür­lich „ver­schlech­tern” könnte.

Aber… apro­pos Bein­frei­heit: Die Grö­ßen­ver­hält­nis­se sind ein Kri­tik­punkt, den ich nach­voll­zie­hen kann, wenn man etwas grö­ßer ist. Ich habe mit mei­nen 1,80 kei­ne Pro­ble­me, weder auf dem Sitz­platz noch auf den Toi­let­ten. Aber ich kann den­je­ni­gen ver­ste­hen, der mit sei­nen etwas mehr als 2 Metern Kör­per­grö­ße mein­te, dass ihm alles, beson­ders die Toi­let­ten, doch zu eng gewe­sen wären. Da ist es im Zug bestimmt ange­neh­mer. Auch ange­neh­mer im Zug ist es, wenn man jemand ist, dem es schnell schlecht wird, wenn es bei der Fahrt etwas ruckelt — Züge sind natur­ge­mäß ruhi­ger unter­wegs. Im Bus ist es halt wie im Auto.

Bis­her bin ich die Stre­cken mit meinfernbus.de und flixbus.de gefah­ren. Gro­ße Unter­schie­de fest­stel­len konn­te ich nicht, auch kamen bis­her immer die glei­chen Bus­mus­ter zum Ein­satz (Setra in ver­schie­de­nen Varianten).

Aller­dings wer­den die Zah­lungs­da­ten, wenn man online eine Fahr­kar­te bucht, an „Zah­lungs­dienst­leis­ter” wei­ter­ge­ge­ben. Das ist lei­der nichts unge­wöhn­li­ches, die Bahn macht das auch. Da wer­den auch wie­der Daten über einen gesam­melt, die in einen gro­ßen Topf kom­men und anhand denen ein Algo­rith­mus viel­leicht mal in 3 Jah­ren sagen wird, dass ich nicht kre­dit­wür­dig bin, weil ich „zu oft” mit dem „bil­li­gen” Fern­bus unter­wegs war. (Wer dazu „Para­noia” sagt, infor­mie­re sich bit­te und schaue, wie viel „Para­noia” allei­ne die­ses Jahr schon durch die Snow­den-Ent­hül­lun­gen bestä­tigt wurde.)

Nun ja, dem Grund­satz der Daten­ver­mei­dung und ‑spar­sam­keit fol­gend habe ich dafür eine Lösung gefun­den: Man kann die Fahr­kar­ten auch gegen Bar­geld bei vie­len Ver­kaufs­stel­len erwer­ben. Eini­ge ver­lan­gen dafür zwar eini­ge Euro Gebühr, vie­le aber auch nicht. In Darm­stadt kau­fe ich die Fahr­kar­ten meist an dem Rei­se­bü­ro an der Ecke zur Kuppelkirche/Staatstheater ohne Aufpreis.

Manch­mal kann auch Bahn­fah­ren güns­tig sein

Wenn man aber fle­xi­bel ist, kann man für die Stre­cke Ber­lin-Frank­furt auch für 21 bis 26 Euro ICE-Fahr­kar­ten buchen. Der Rei­se­ver­an­stal­ter ltur bie­tet vie­le Städ­te- und Urlaubs­rei­sen an und kauft dafür offen­bar grö­ße­re Kon­tin­gen­te von der Bahn ein. Und was nicht ver­kauft wird, wird ver­scher­belt. So habe ich bis­her zwei mal per ICE für 22 bzw. 26 Euro rei­sen können.

Da die Fern­bus­se der­zeit auf mei­ner Rela­ti­on nie voll sind, kann man die Fahr­kar­ten auch kurz vor­her noch kau­fen. Daher gehe ich der­zeit oft wie folgt vor:

  • Ich schaue bis zu einer Woche vor­her bis zum Tag vor der Abfahrt immer wie­der auf bahn.ltur.com nach, ob es güns­ti­ge Rest­fahr­kar­ten gibt.
  • Wenn ja, kau­fe ich sie direkt dort.
  • Wenn nicht, kau­fe ich einen Tag vor der Fahrt an einer Ver­kaufs­stel­le die Fahr­kar­te für einen Fernbus.

Seit Novem­ber bin ich so zwei­mal auch mit der Bahn von Ber­lin nach Frank­furt gefah­ren, da der zeit­li­che Unter­schied für mich rele­vant gewe­sen ist. Gut, das eine mal bin ich von Ber­lin nach Frank­furt am Main auf­grund eines Ober­lei­tungs­scha­dens fast über Frankfurt/Oder gefah­ren, was dann effek­tiv auch 6:30 Stun­den gedau­ert hat.

Dazu hat mir eine Bahn-Mit­ar­bei­te­rin bei der Fahr­kos­ten­rück­erstat­tung in Darm­stadt einen guten Tipp gege­ben: Die Fahr­ten kos­ten oft das glei­che, wenn man nicht von Frank­furt, son­dern von Darm­stadt aus bucht. Und genau­so, wenn man nach Ber­lin Ost­bahn­hof bucht und nicht nur nach Ber­lin Haupt­bahn­hof. Für die Gegen­rich­tung gilt das natür­lich auch.

Ers­te­res hät­te den Vor­teil, dass ich im Fal­le einer star­ken Ver­spä­tung auch Anspruch auf Ersatz­be­för­de­rung nach Darm­stadt hät­te, wäh­rend ich mit mei­nem RMV-Semes­ter­ti­cket nachts um 2 in Frank­furt nicht mehr wei­ter­kä­me und die Bahn da auch nichts machen müsste.

Letz­te­res kann vor­teil­haft sein, wenn man auch mal etwas wei­ter Rich­tung Ost­kreuz fah­ren müss­te. Vor­her am Haupt­bahn­hof Ber­lin aus­stei­gen kann man ja trotzdem.

Was noch fehlt

Etwas, was mir in Deutsch­land im Ver­gleich zu Spa­ni­en noch fehlt, sind Ter­mi­nals für Fern­bus­se. In Spa­ni­en hat man an grö­ße­ren Kno­ten­punk­ten oft eige­ne Gebäu­de für Fern­bus­se — im Prin­zip wie Bahn­hö­fe. Mit Sitz­ge­le­gen­hei­ten, Geschäf­ten, Info-Stän­den und „Schleu­sen” wie an Flug­hä­fen, über die man bequem und wet­ter­un­ab­hän­gig in die Bus­se ein- und aus­stei­gen kann.

In Deutsch­land dürf­te der Nor­mal­fall eher so aus­se­hen wie in Frank­furt, wo an einen sowie­so schon häss­li­chen Bahn­hofs­vor­platz ein paar Schil­der hin­ge­hängt wur­den und die Bus­se ver­schie­de­ner Gesell­schaf­ten teil­wei­se in zwei Rei­hen (auch auf der Fahr­spur) kreuz und quer hal­ten und man immer auf­pas­sen muss, dass man es auch sieht, wenn irgend­wo ver­deckt der­je­ni­ge Bus parkt, den man neh­men möch­te. Ber­lin hat immer­hin aus his­to­ri­schen Grün­den einen Zen­tra­len Omni­bus-Bahn­hof (ZOB); aber im Ver­gleich mit vie­len spa­ni­schen einen recht primitiven.

Fazit

Fern­bus­se sind für vie­le — nicht für alle — eine sinn­vol­le Ergän­zung im inter­mo­da­len Verkehrsmix.

Ich bin sehr froh dar­über, dass ich jetzt dank Fern­bus­sen über­haupt die Mög­lich­keit habe, mich in Ber­lin so lang­sam ein­le­ben zu kön­nen, ohne Darm­stadt gleich ver­las­sen zu müs­sen — müss­te ich 70–80 Euro für jede Fahrt zah­len, wäre vie­les für mich deut­lich komplizierter.

Ergän­zung (19. Dezem­ber 2013): Man soll­te die Fle­xi­bi­li­tät nicht zu Zei­ten aus­rei­zen, an denen ein erhöh­tes Rei­se­auf­kom­men zu erwar­ten ist. Zum Bei­spiel (das Wochen­en­de) direkt vor Weih­nach­ten. Ich habe mich spon­tan ent­schie­den, zwei Tage vor­her nach Frank­furt zu fah­ren und habe dafür schon 10 Euro mehr als üblich bezahlt — ansons­ten wären es 50 Euro gewe­sen. Da hät­te ich mal bes­ser doch vier Tage vor­her gebucht. Vor Fei­er­ta­gen und Brü­cken­wo­chen­en­de soll­te ich also in Zukunft aufpassen.

1 Kommentar

  1. twister_f

    Hal­lo Andreas,

    ich habe mir erlaubt dei­nen Bei­trag in einem Fern­bus­fo­rum zu posten:
    http://fernbusforum.forumprofi.de/Thread-Fern%C2%ADbusse-in-Deutschland-Blogbeitrag

    Dort fin­dest du übri­gens vie­le Infor­ma­tio­nen rund um das The­ma Fern­bus­se in Deutschland.
    Schau ein­fach mal vorbei…

    Vie­le Grü­ße und all­zeit gute Fahrt
    twister_f

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