Notizen und Gedanken von Andreas Marc Klingler

Durch Über­trei­bung zur Irrele­vanz — Anmerkungen

Auf dem Weg zur Buch­mes­se in Frank­furt habe ich bei #occu­py­frank­furt vor­bei­ge­schaut. Schon als ich die Teil­neh­mer von wei­tem sah, habe ich mich sofort erin­nert an die vie­len traurigen/deprimierenden/ärgerlichen Erfah­run­gen mit ande­ren Demons­tra­tio­nen, Asten und Ver­ei­nen, die sich durch ihre Prä­sen­ta­ti­on und Über­trei­bung schnell in die Lächer­lich­keit und damit oft lei­der auch das rele­van­te The­ma neben­bei in die Irrele­vanz schoben.

Die­ser Bei­trag ent­hält eini­ge Anmer­kun­gen von mir, die in den „all­ge­mei­nen” Bei­trag nicht direkt reinpassen.

Ein all­ge­mei­nes und wohl nicht wirk­lich zu lösen­des Pro­blem ist der „Stall­ge­ruch” von sol­chen Ver­samm­lun­gen. Eine bestimm­te Mischung bier­trin­ken­der Punks, sehr alter­na­tiv geklei­de­ter und rau­chen­der jun­ger Men­schen, Flag­gen und Stän­de von Anti­fa, Gewerk­schaf­ten, Attac und co. mit „deut­li­chen” Trans­pa­ren­ten fällt mir bei vie­len Demons­tra­tio­nen immer wie­der schnell auf. Ich habe mich bei dem Demons­tra­ti­ons­auf­takt am Rathen­au­platz nur am Ran­de bewegt und dort gemerkt, dass vie­len Men­schen bereits die­se Signa­le völ­lig genüg­ten, um sich mit „dem” Anlie­gen der Demons­tran­ten nicht wei­ter zu beschäf­ti­gen. (Sprich, vie­le schau­en hin, schüt­teln den Kopf, ver­dre­hen die Augen etc.) Das krei­de ich nicht die­sen Demons­tran­ten an. Ich fin­de es scha­de, dass die­se Signa­le vie­len Men­schen schon genü­gen, um sich abzu­wen­den. Aber dage­gen kann man wohl nichts machen.

Unter die­ser Mischung befin­den sich vie­le Dau­er­de­mons­tran­ten, die ich beson­ders in der Stu­di­en­ge­büh­ren­de­mo­hoch­zeit um 2005/2006 her­um prak­tisch bei jeder Demons­tra­ti­on sah. Auf sie wer­den Außen­ste­hen­de oft eher auf­merk­sam als auf 50 „nor­ma­le” (uner­fah­re­ne) Demons­tran­ten, was dem Bild einer Ver­samm­lung abträg­lich sein kann. Manch­mal ärgert mich das so rich­tig, wenn zum Bei­spiel wie vor zwei Jah­ren in Frank­furt bei einer Sub-Demons­tra­ti­on für „Frei­heit statt Angst” hin­ter der lei­der nicht all­zu­gro­ßen Mas­se von „nor­ma­len” Demons­tran­ten (die nur wegen des The­mas gekom­men sind) ein Block von Anti­fas (oder ähn­li­chen) mit­mar­schie­ren und nur Auf­merk­sam­keit vom eigent­li­chen Anlie­gen ablenkten.

Als Erklä­rung für die Nicht-Fokus­siert­heit von Stu­den­ten­ver­tre­tun­gen (also ASten) zie­he ich oft die Stu­di­en­rich­tung der Refe­ren­ten her­an. Ja, das fol­gen­de ist schon etwas fies und nicht zu 100% ernst gemeint; aber ich glau­be, dass in der Ten­denz durch­aus an fol­gen­dem etwas dran ist: Je mehr Stu­den­ten von Geis­tes- und Sozi­al­wis­sen­schaf­ten in einem AStA sind, des­to grö­ßen­wahn­sin­ni­ger, inef­fek­ti­ver, irrele­van­ter, unor­ga­ni­sier­ter und Heiß­luft-pala­ven­der ist er. Umge­kehrt bestand der effek­tivs­te AStA der TU Darm­stadt, den ich bis­her ken­nen ler­nen durf­te, aus etli­chen Infor­ma­ti­kern, Mathe­ma­ti­kern, E‑Technikern und Phy­si­kern. Seit dem die­se dort abge­zo­gen sind, schei­nen in der hoch­schul­öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung Atom­aus­stieg, die armen, über­all benach­tei­lig­ten und geknech­te­ten Frau­en und diver­se, vor der Tür ste­hen­de rechts­extre­me Gefah­ren Haupt­an­lie­gen der Stu­die… äh… des AStAs zu sein. Naja, immer­hin ist die Welt dann bald gerettet.

Zu die­sem The­ma gibt es noch viel zu sagen, aber damit belas­se ich es erstmal…

4 Kommentare

  1. frufus

    Agree

  2. andreas

    Bei Spie­gel Online gibt es einen Arti­kel, der mit wei­te­ren Bei­spie­len in eine ähn­li­che Rich­tung geht.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,792017,00.html

  3. Stephan

    Hal­lo Marc,

    ich fin­de irgend­wie nicht den Zusam­men­hang zwi­schen dem letz­ten Block und dem Teil darüber.
    Zudem scheinst du kei­ne Ahnung zu haben was der aktu­el­le AStA der TU Darm­stadt alles macht (der übri­gens immer­noch zu einem gro­ßen Teil aus E‑Technik, Infor­ma­tik und Phy­sik besteht). Viel­mehr beziehst du dich auf eine ein­zi­ge Pres­se­mit­tei­lung aus dem gesam­ten letz­ten Jahr…

    Ich ver­ste­he sowie­so nicht war­um im Rah­men der Demo andau­ernd die ASten ange­spro­chen wer­den. Die waren zwar mit Sicher­heit alle mit dabei (vom TU Darm­stadt AStA weiß ich es) aber eben als Teil­neh­mer. Die Demo wur­de nicht von die­sen organisiert.

    Den Rest fas­se ich mal unter dem Punkt „Dei­ne Mei­nung” zusam­men. Ich sehe das anders :)

    Gruß Ste­phan
    Refe­rent für Fach­schaf­ten und Hochschulgruppen
    AStA TU Darmstadt

  4. andreas

    Lie­ber Stephan,

    (das ist eben auch wie­der etwas zuspit­zend; nicht alles all­zu wört­lich nehmen.)

    ich fin­de irgend­wie nicht den Zusam­men­hang zwi­schen dem letz­ten Block und dem Teil darüber.”
    Der Zusam­men­hang besteht dar­in, dass mir die ange­spro­che­nen „Pro­ble­me” genau­so wie bei sol­chen typisch aus­ufern­den Demons­tra­tio­nen oft genau­so bei Asten auffallen.

    Der Wech­sel gera­de beim AStA der TUD ist mir auch selbst klar auf­ge­fal­len. Als ich vor eini­gen Jah­ren im Stu­Pa und der UV war und Fach­werk noch vie­le Akti­ve aus den genann­ten Berei­chen hat­te, gab es zum Bei­spiel kein „Anti­fa-Refe­rat” oder eine Refe­ren­tin für Femi­nis­mus. Bei­des gehört m.E. abso­lut nicht zum Auf­ga­ben­ge­biet des AStA — aber dar­über brau­chen wir nicht zu dis­ku­tie­ren, dass habe ich schon oft genug getan; und wenn das Stu­Pa mehr­heit­lich dahin­ter steht, ist es halt so.

    Zudem scheinst du kei­ne Ahnung zu haben was der aktu­el­le AStA der TU Darm­stadt alles macht (der übri­gens immer­noch zu einem gro­ßen Teil aus E‑Technik, Infor­ma­tik und Phy­sik besteht). Viel­mehr beziehst du dich auf eine ein­zi­ge Pres­se­mit­tei­lung aus dem gesam­ten letz­ten Jahr…”
    Ich habe absicht­lich zuge­spitzt (ist ja eine Pole­mik :-) und weiß natür­lich, dass der AStA auch heu­te noch sehr viel sinn­vol­les tut. Das bekom­me ich ja wei­ter­hin mit, wenn auch nicht mehr in der ers­ten Reihe.

    Aber es geht mir um den _Eindruck_. Und der ist nicht nur bei mir so. Der Ein­druck ist (m.E. wie­der ver­mehrt) bei vie­len nun mal, dass der AStA ein lin­ker Sam­mel­hau­fen ist und sich um alles küm­mert, außer den Stu­di­en­be­din­gun­gen. Das ist natür­lich ziem­lich falsch, das weiß ich ja. Aber es ist eben auch nicht völ­lig aus der Luft gegrif­fen. Gera­de weil auch ich, wenn ich mal die gan­zen FSK‑, FS- und FW-Lis­ten und münd­li­che Infor­ma­tio­nen weg las­se, seit mei­ner Rück­kehr aus Madrid vom AStA pri­mär Pla­ka­te und Hand­zet­tel über femi­nis­ti­sche, anti­fa­schis­ti­sche oder atom­kri­ti­sche The­men sehe. Natür­lich ist das nicht alles, aber in der hoch­schul­öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung kommt die gute, viel­fäl­ti­ge, sozia­le und kul­tu­rel­le (!) Arbeit, die Mit­ge­stal­tung von TuCaN’t, den berech­tig­ten Pro­tes­ten gegen Prä­si-Will­kür, dei­ne gute Arbeit bei der Unter­stüt­zung von Fach­schaf­ten, den Ver­hand­lun­gen am Semes­ter­ti­cket (wenn’s mal wie­der ansteht), den vie­len Ser­vice-Ange­bo­ten im Ver­gleich dazu über­haupt nicht ‚rüber…

    Ich glau­be, wenn ihr eine reprä­sen­ta­ti­ve (!) Umfra­ge unter den Stu­die­ren­den machen wür­det, wür­de das auch dabei her­aus­kom­men. Was ich scha­de fin­de. Durch die­sen Blick inter­es­sie­ren sich von vorn­her­ein vie­le nicht für stu­den­ti­sche Mit­be­stim­mung. An sich ist der AStA wie die Fach­schaf­ten auch eine zu tol­le und unglaub­lich sinn­vol­le Sache, um da nicht auch mal mitzuwirken.

    Das Pro­blem habe ich vor Jah­ren schon gese­hen und ich hät­te auch Lust an einem „Inforz für die TUD”, also einer fun­dier­ten und gut gemach­ten AStA-Zei­tung gehabt. Einer Zei­tung, die aber NICHT schon auf jeder Titel­sei­te Klas­sen­kampf und sehr hoch­schul­frem­de The­men zum Augen­rol­len und Weg­le­gen bei sehr vie­len führt. Einer Zeit­schrift, die den Leser ernst nimmt, die TU erklärt und ein­bin­det, ihn for­dert aber auch (bit­te bloß nicht!) mit tief­schwa­feln­den sozio­lo­gi­schen Tex­ten völ­lig über­for­dert. Frei­lich, ohne gute, enga­gier­te Leu­te, geht das alles auch nicht.

    Ich ver­ste­he sowie­so nicht war­um im Rah­men der Demo andau­ernd die ASten ange­spro­chen wer­den. Die waren zwar mit Sicher­heit alle mit dabei (vom TU Darm­stadt AStA weiß ich es) aber eben als Teil­nehmer. Die Demo wur­de nicht von die­sen organisiert.”
    Es ging mir nicht um die­se Demo. Aktu­el­le Bei­spie­le: Der AStA der TUD hat letz­tens zu „Aus­ge­strahlt”, also einer Anti-AKW-Ver­an­stal­tung mobi­li­siert. Vor nicht all­zu lan­ger Zeit war auch etwas in Rich­tung „Nazi-Auf­marsch” in Dres­den. Auch wenn er das natür­lich nicht orga­ni­sier­te, die­se Auf­ru­fe, die zu den weni­gen Din­gen gehö­ren, von denen vie­le Stu­den­ten auch tat­säch­lich etwas mit­be­kom­men, prä­gen gleich schon wie­der das von mir ange­spro­che­ne Bild. Von ande­ren ASten, von denen ich sonst kaum Ahnung habe, bekom­me ich fast auch nur so etwas mit.

    Den Rest fas­se ich mal unter dem Punkt „Dei­ne Mei­nung” zusam­men. Ich sehe das anders :)”
    :-)

    Vie­le Grüße,
    Andre­as ( nicht Marc, tst­sts… ;-) ich glau­be, als du in Fach­werk anfingst, hab’ ich mich wegen einer Kon­fe­renz und anschlie­ßen­dem Aus­lands­auf­ent­halt dort abge­mel­det. Ich bin aber wei­ter­hin oft in D120 zu fin­den, gera­de auch, wenn du auf einen Kaf­fee mal Zeit hast. :-)

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