Über den Jah­res­wech­sel 2024/2025 war ich mit einer Freun­din und einem Freund andernt­halb Wochen in Nor­we­gen. Wir hat­ten im Herbst über­legt, wohin es gehen soll­te zu Sil­ves­ter. Und da wir alle end­lich mal Nord­lich­ter sehen woll­ten und wuss­ten, dass es aktu­ell dafür auf­grund des Son­nen­zy­klus eine gute Zeit dafür sein wür­de, hat­ten wir uns ein Ziel ober­halb des Polar­krei­ses gesucht: Trom­sø.

Hin­weis: Nord­licht ist der gän­gi­ge­re Begriff, aber Polar­licht der wis­sen­schaft­lich kor­rek­te – denn es gibt auf unse­rer blau­en Kugel auch… „Süd­lich­ter”. Man­gels Land­mas­se dort sind die Nord­lich­ter aber tou­ris­tisch bes­ser erschlos­sen und ich ver­wen­de die­sen Begriff hier.

Flugroute von München nach Tromsø
Unse­re Flug­rou­te von Mün­chen über Oslo nach Tromsø.

Bei der Vor­be­rei­tung hat­ten uns ver­schie­de­ne Webseiten/Blogs gehol­fen, und so will ich nun auch etwas von mei­nen Erfah­run­gen tei­len. In die­sem Bei­trag erzäh­le ich von der „Jagd” nach Nord­li­chern , wel­che Erfah­run­gen ich bei der Foto­gra­fie die­ser gemacht habe und wel­che Gedan­ken man sich für die eige­ne Klei­dung bei ‑20° C machen soll­te. Fan­gen wir mit die­sem The­ma gleich an:

Packen für die Kälte

Hin­weis: Ich ver­lin­ke hier auf ver­schie­de­ne Waren. Nichts davon sind Affi­lia­te-Links. Ich will nur einen Ein­druck davon geben, mit wel­cher Art von Beklei­dung ich wel­che Erfah­run­gen gemacht habe, damit du Anhalts­punk­te für dei­ne Ent­schei­dun­gen hast.

Ein beson­de­res Augen­merk bei der Rei­se­vor­be­rei­tung leg­ten wir auf geeig­ne­te Klei­dung. Wäh­rend es in Mün­chen oder Rhein-Main zwar auch mal kalt wird, muss­ten wir mit Tem­pe­ra­tu­ren von ‑20° C rech­nen – bei eisi­gem Wind; und das auch noch für län­ge­re Zeit beim Foto­gra­fie­ren im Freien.

Das grund­le­gen­de Vor­ge­hen für Klei­dung ist dabei natür­lich wie in den Alpen auch die Zwie­bel­tech­nik: Man wählt

  • direkt am Kör­per eine wär­men­de und Feuch­tig­keit­ab­lei­ten­de ers­te Schicht aus Merino-Wolle,
  • zieht dar­über eine wär­me-hal­ten­de Fleece-Jacke (Soft­s­hell) und wie­der­um darüber
  • eine was­ser­ab­wei­sen­de und stark iso­lie­ren­de Jacke (Hards­hell).

Da ich mir unsi­cher war, ob mei­ne bis­he­ri­gen Jacken bei den erwar­te­ten Minus­gra­den aus­rei­chen wür­den, hat­te ich mir vor der Rei­se einen Parka gekauft (Vau­de Manu­kau II). Damit fühl­te ich mich auch bei Wind und ‑18° C gut warm.

Frierender Schneemann
Frie­ren­der Schnee­mann. Kei­ne Zwiebeltechnik.

War­me Füße

Ein Pro­blem sind auch eher die Füße, Hän­de und der Kopf. Ich habe mir vor der Rei­se zwar noch in der letz­ten Minu­te auf­grund der Unsi­cher­heit über mög­li­ches Lau­fen im Was­ser ein­fa­che Gum­mi­stie­fel besorgt, aber die­se dann nie ver­wen­det. Mei­ne nor­ma­len Wan­der­schu­he, Jack Wolfs­kin Force Crest Tex­a­po­re, hat­te ich die gan­ze Zeit an und hat­te fast kei­ne Pro­ble­me damit. Auch (lang­sa­mes) Lau­fen auf Eis war kein Pro­blem, und in Kom­bi­na­ti­on mit einer guten Ski­ho­se (+ Unter­zieh­ho­se) war auch zeit­wei­ses Lau­fen durch tie­fen Schnee pro­blem­los mög­lich. (Ich imprä­gnier­te die Schu­he übri­gens noch­mals vor Rei­se­an­tritt bei mir zu Hause.)

War­um ich eben „fast” geschrie­ben habe: An einem Tag, an dem ich am Stück über 4 Stun­den in der Käl­te her­um­ge­lau­fen bin, wur­den mei­ne Füße irgend­wann kalt. Die Wan­der­schu­he iso­lie­ren hin­rei­chend für gewis­se Zeit auch bei grö­ße­rer Käl­te, aber sie sind nicht dafür aus­ge­legt, einen gan­zen Tag lang bei sehr tie­fen Tem­pe­ra­tu­ren zu wär­men. Dafür wären expli­zi­te Win­ter-Stie­fel bes­ser geeig­net gewe­sen. Aber gut; da wir viel im Auto unter­wegs waren, um zu abge­le­ge­nen Gebie­ten zu fah­ren, konn­ten sich dabei mei­ne Füße immer wie­der auf­wär­men. Soll­te man vor­ha­ben, den gan­zen Tag im Frei­en zu wan­dern, braucht man defi­ni­tiv ande­re Schu­he und evtl. zusätz­lich auch Wärmepads.

Grödel/Spikes hat­te ich in letz­ter Minu­te auch noch gekauft, aber sie nicht genutzt. Soll­ten dei­ne Schu­he kein gutes Pro­fil (mehr) haben, wür­de ich das aber drin­gend empfehlen.

War­me (und foto­taug­li­che!) Hände

Hand­schu­he sind Pflicht. Nor­ma­le Leder-Hand­schu­he hat­te ich vor­her zwar, aber ich war mir unsi­cher, ob die­se tie­fen Minus­gra­den stand­hal­ten wür­den. Ich habe mich daher vor­her noch­mal aus­gie­big infor­miert und bin letzt­lich bei Meri­no Liner Pro-Hand­schu­hen gelan­det und dazu auch Wär­me­pads gekauft. Die­se Hand­schu­he haben ein Fach, in das man Wär­me­pads ein­le­gen kann, die sich bei Kon­takt mit Sau­er­stoff akti­vie­ren (vor­her sind sie vaku­um­ver­packt). Sie geben dann nach mei­ner Erfah­rung für ca. 4–5 Stun­den Wär­me ab. Die Wär­me hat sich ent­ge­gen mei­ner Erwar­tung sogar im Hand­schuh etwas ver­teilt; d.h. die gan­ze Hand war leicht tem­pe­riert. Da die Hand­schu­he auch kapa­zi­ti­ve Fin­ger­spit­zen haben, konn­te ich damit auch jeder­zeit mein iPho­ne bedie­nen. Ich hat­te auch ein älte­res Paar Fäust­lin­ge dabei; aber ich kam mit den neu­en Hand­schu­hen so gut zurecht, dass ich sie nicht brauchte.

War­mer und geschütz­ter Kopf

Hier­zu habe ich nicht viel zu sagen – ich hat­te die gan­ze Zeit einen gro­ßen Schal und eine Woll­müt­ze an. Manch­mal habe ich dar­über noch des Parkas Müt­ze gezo­gen. Das war für mich immer ausreichend.

Aber, was ich erst am Ende der Rei­se erfah­ren habe: Es gibt Sturm­mas­ken mit Mund-Öff­nun­gen, wie etwa die Vau­de Fahr­rad-Gesichts­mas­ke. Hät­te ich das vor­her gewusst, hät­te ich so etwas gekauft. Das wäre manch­mal prak­tisch gewe­sen, denn ich hat­te öfters mei­nen Schal nahe am Mund zum Wär­men, und als Bril­len­trä­ger… beschlägt dann sofort beim Aus­at­men die Bril­le und man sieht erst­mal nix mehr. Die­ses Pro­blem hät­te ich mit solch einer Mas­ke nicht gehabt.

Nordlichter über den Bergen
Nord­lich­ter über den Bergen

Auf der Jagd nach Nordlichtern

Nordlichter/Polarlichter üben eine wei­te Fas­zi­na­ti­on aus und waren für uns der Haupt­grund, an den Polar­kreis zu rei­sen. Sie ent­ste­hen durch elek­trisch gela­de­ne Teil­chen der Son­ne in Wech­sel­wir­kung mit dem Erd­ma­gnet­feld. Die Son­ne durch­läuft dabei einen Zyklus, der unge­fähr 11 Jah­re dau­ert. Wir wuss­ten bereits bei der Ideen­samm­lung für unse­re Rei­se im Herbst 2024, dass die Son­nen­ak­ti­vi­tät aktu­ell rela­tiv hoch ist, und daher jetzt ein idea­ler Zeit­punkt für eine Rei­se zu den Polar­lich­tern sein würde.

Ab vor­aus­sicht­lich 2026 wird die Son­nen­ak­vi­tät wie­der sin­ken, und damit auch die Fre­quenz und Stär­ke von Polar­lich­tern. Das heißt nicht, dass man dann bis Mit­te der 2030er-Jah­re war­ten muss, aber man muss bei gerin­ge­rer Ein­tritts­wahr­schein­lich­keit dann halt län­ge­re Zeit vor Ort blei­ben und evtl. auch mit schwä­che­ren Erschei­nun­gen rechnen.

Wich­tig ist auch, eine güns­ti­ge Jah­res­zeit zu wäh­len. Im Som­mer geht die Son­ne im hohen Nor­den für län­ge­re Zeit nicht unter. Dann hat man kaum Chan­cen, etwas am Him­mel zu sehen. Man braucht Dun­kel­heit. Die hat man im Win­ter: Von Ende Novem­ber bis Ende Janu­ar (je nach genau­em Stand­ort) geht die Son­ne nicht auf. Es ist dann nur eini­ge Stun­den am Tag däm­me­rig-hell – dann hat man eine höhe­re Chan­ce, in der dunk­len Zeit Nord­li­cher sehen zu können.

Keinen Sonnenaufgang heute. Ansicht einer Wetter-Anwendung.
Son­nen­auf­gang? Heu­te nicht mehr.

Hilfs­mit­tel zur Nordlichtjagd

Bei unse­rer Recher­che im Vor­feld hat­ten wir gelernt, dass es ver­schie­de­ne Arten der Nord­licht­vor­her­sa­ge gibt. Die Son­nen­par­ti­kel benö­ti­gen nach einem Aus­bruch auf der Son­ne unge­fähr 2 Tage bis zur Erde. Satel­li­ten mes­sen die Son­nen­ak­ti­vi­tät rund um die Uhr. Dadurch kann man berech­nen, wann Son­nen­par­ti­kel die Atmo­sphä­re der Erde errei­chen. Aller­dings wer­den die meis­ten Teil­chen (zum Glück für das Leben auf der Erde^^) vom Erd­ma­gnet­feld abge­lenkt. Ver­mut­lich macht das die Vor­her­sa­ge schwierig.

Nach unse­ren Erfah­run­gen waren die Vor­her­sa­gen nur rela­tiv zeit­nah (maxi­mal einen hal­ben Tag vor­her) brauch­bar. Die län­ger in die Zukunft rei­chen­den Vor­her­sa­gen haben sich wäh­rend unse­rer Rei­se immer wie­der (teil­wei­se sehr stark) ver­än­dert. Wir schau­ten uns daher immer wie­der über den Tag die Vor­her­sa­gen an und ent­schie­den unse­re Aktio­nen dann rela­tiv spontan.

Nun zu den von uns genutz­ten Quel­len: Haupt­säch­lich haben wir die iOS-Anwen­dung Auro­r­aA­lerts genutzt. Es gibt noch vie­le ande­re; letzt­end­lich bezie­hen alle ihre Daten aus einer hand­voll öffent­lich zugäng­li­cher Quel­len. Nach einer Recher­che vor der Rei­se hat mir die­se Anwen­dung am bes­ten gefal­len und wir haben sie dann auch stän­dig genutzt. (Es ist aber sicher­lich sinn­voll für dich, dir selbst ver­schie­de­ne Anwen­dun­gen anzu­schau­en.) Die Anwen­dung ist kos­ten­los, die Echt­zeit­be­nach­rich­tun­gen kön­nen per InApp-Kauf für ver­schie­de­ne Zeit­räu­me frei­ge­schal­tet wer­den. Man kann dann ein­stel­len, bei wel­chen Wer­ten die App Benach­rich­tun­gen ver­sen­den soll. Wir haben für ein­ma­lig 2€ Benach­rich­tun­gen für 1 Monat akti­viert. Ehr­lich gesagt, war da bei uns aber unnö­tig. Wir haben sowie­so immer wie­der in die App geschaut.

So sah das bei uns aus:

Wir schau­ten vor allem auf den Kp- und Bz-Wert:

  • Der Kp-Wert gibt die Stär­ke sola­rer Teil­chen­strah­lung an. Je höher der Wert, des­to stär­ker die Strah­lung, und umso wei­ter kann sie auch Rich­tung Süden vor­drin­gen. Aber Ach­tung: Wenn man sehr weit im Nor­den ist, kann man auch schon bei nied­ri­gen Wer­ten Nord­lich­ter sehen! Wir haben auch bei Kp=2 wun­der­schö­ne Nord­lich­ter gese­hen. Die­se Metrik war daher für uns pri­mär nur des­we­gen inter­es­sant, da bei höhe­rem Kp-Wert die Wahr­schein­lich­keit für Sich­tun­gen gene­rell steigt – also natür­lich auch bei uns.
  • Der Bz-Wert gibt die Stär­ke des Son­nen­ma­gnet­fel­des an. So wie wir es ver­stan­den haben (ohne Gewähr; Kor­rek­tu­ren ger­ne in den Kom­men­ta­ren): Je gerin­ger der Bz-Wert, des­to stär­ker inter­agiert das Magnet­feld der Son­ne mit dem Magnet­feld der Erde – und umso wahr­schein­li­cher wer­den Polar­lich­ter. Wir hat­ten in unse­rer Zeit Polar­lich­ter schon ab Bz=-2 gese­hen, die Wer­te gin­gen aber auch bis Bz=-20 herunter.

Bei der Kurz­frist­vor­her­sa­ge ist auch der Bewöl­kungs­grad ange­ge­ben. Natür­lich braucht man einen kla­ren Him­mel, um Nord­lich­ter sehen zu kön­nen, da sie deut­lich über den Wol­ken ent­ste­hen. Ist es dicht bewölkt, sieht man nichts; egal, wie stark die Nord­lich­ter dar­über tan­zen mögen. Aller­dings hat­ten wir fest­ge­stellt, dass die­se Anga­ben für uns kom­plett nutz­los waren. (Auch die von ande­ren Wet­ter­diens­ten.) Das Wet­ter ist in Küs­ten­nä­he hoch­dy­na­misch, und die von uns betrach­te­ten Wet­ter­mo­del­le waren alle zu unprä­zi­se. Wir hat­ten oft ster­nen­kla­ren Him­mel, obwohl es bewölkt sein soll­te. Und eine Stun­de spä­ter war es wie­der völ­lig anders. Daher began­nen wir nach eini­gen Tagen, die­se Anga­ben zu igno­rie­ren – und sind bei guten Kp-/Bz-Wer­ten ein­fach rausgegangen.

Ergän­zend dazu haben wir uns immer wie­der auch den Auro­ra Fore­cast ange­schaut: Eine Gra­phik, die im Polar­kreis die Wahr­schein­lich­keit zur Sich­tung von Polar­lich­tern in einer Stun­de angibt. Hier ein Bei­spiel vom Sil­ves­ter­abend 2024:

Screen­shot der Anwen­dung Auro­r­aA­lerts mit ein­ge­bet­te­tem NOAA-Auro­ra Fore­cast für den 31. Dezem­ber 2024 kurz vor Mit­ter­nacht. Für den Nor­den Nor­we­gens wur­de eine sehr hohe Wahr­schein­lich­keit ange­zeigt – und tat­säch­lich haben wir (bis das Feu­er­werk los­ging) vie­le Nord­lich­ter bewun­dern können.

Die Pri­mär­quel­le ist das Space Wea­ther Pre­dic­tion Cen­ter einer us-ame­ri­ka­ni­schen Wet­ter­be­hör­de. Es bie­tet etli­che Vor­her­sa­gen zur Solarak­ti­vi­tät an. Die stän­dig aktu­ell berech­ne­ten Gra­phi­ken gibt es unter https://services.swpc.noaa.gov/images/ – mit die­sen Roh- bzw. Bild-Daten könn­te man sich auch selbst einen Auro­ra-Alert basteln.

Nord­licht­photo­gra­phie

Ganz all­ge­mein zum Foto­gra­fie­ren emp­fiehlt sich neber der eigent­li­chen Kame­ra mit Spei­cher­kar­ten und aus­rei­chen­den (Ersatz-) Akkus

  • ein Sta­tiv (im Ide­al­fall mit Fern­aus­lö­ser) und
  • licht­star­ke Objek­ti­ve mit einer Offen­blen­de (1,8 oder 2,5) und
  • Ver­schluss­zei­ten von 1–6 Sekunden
  • mit hohen ISO-Wer­ten von 800 — 1600.

Im fol­gen­den gehe ich nun auf eini­ge mei­ner Her­aus­for­de­run­gen ein, aus denen du ler­nen kannst. Es muss ja nicht jeder alle Feh­ler selbst machen. („Neue” Feh­ler dür­fen ger­ne in den Kom­men­ta­ren hin­ter­las­sen werden.)

Starkes Nordlicht über den Bergen
Star­kes Nord­licht über den Bergen

Gestal­te­ri­sche Herausforderungen

Wenn es „Nord­licht­alarm” gab, fuh­ren wir mit dem Auto an schö­ne Orte und gin­gen auf Moti­v­jagd. Wie immer in der Land­schafts­pho­to­gra­phie ist es eine gute Idee, die Gegend im Vor­feld bei Tages­licht aus­zu­kund­schaf­ten und sich Orte mit guten Moti­ven zu mar­kie­ren. Wenn die Nord­lich­ter da sind, will man nicht erst über­le­gen, wohin man fah­ren könn­te – sonst ist man erst dann an dem Motiv, wenn die Nord­lich­ter wie­der weg sind. Auf­grund der begrenz­ten Zeit konn­ten wir dies jedoch lei­der kaum machen.

Nord­lich­ter selbst kön­nen als Haupt­mo­tiv sehr schön sein. Sie ver­än­dern sich stän­dig; hier heißt es ein­fach nur „drauf­hal­ten”.

Beein­dru­cken­de Fotos hat man aber eher, wenn die Nord­lich­ter ein Bild­be­stand­teil sind, und man auch ein ande­res Motiv gleich­zei­tig gut in Sze­ne set­zen kann. Das ist zumin­dest mir auf der Rei­se lei­der nicht gelun­gen. Wir hat­ten ein­fach zu wenig Zeit (uns genom­men), um aus­gie­big nach beson­de­ren Moti­ven Aus­schau zu halten.

In Trom­sø und Umge­bung gibt es über­all beein­dru­cken­de Land­schaf­ten, aber mir per­sön­lich haben lei­der beson­ders foto­ge­ne Moti­ve gefehlt. Oft hat man in der Fer­ne an einem Fjord eine Sied­lung gese­hen – aber nur die­se in der Fer­ne ist für mich kein gutes Motiv. Ich hät­te lie­ber mehr Orte gehabt, an denen ich beson­de­re Moti­ve rela­tiv groß (~ 1/3 im Bild) in tol­lem Win­kel gehabt hät­te und dazu Nord­lich­ter hät­te rein­brin­gen kön­nen. Gene­rell bin ich ein Freund davon, wenn man auch auf einem klein dar­ge­stell­ten Foto das eigent­licht Motiv direkt erken­nen kann. Die­se Moti­ve gibt es garan­tiert – man muss sie nur finden…

Tech­ni­sche Herausforderungen

  • Nord­lich­ter sind rela­tiv dun­kel. Will man gleich­zei­tig eine Ufer-Land­schaft ein­fan­gen mit Stra­ßen­la­ter­nen, sind die­se deut­lich hel­ler. Belich­tet man die Nord­lich­ter schön, brennt das Licht auf dem Boden aus. Oder man sieht eine schön beleuch­te­te Stadt, aber kaum Nord­lich­ter. Dar­aus folgt: 
    • HDR-Auf­nah­men durch­füh­ren, wenn mög­lich. Wenn man aber in RAW foto­gra­fiert, kann das her­aus­for­dernd wer­den. Nord­lich­ter ver­än­dern sich rela­tiv schnell. Wenn man für ein Nord­licht z.B. 6 Sekun­den belich­ten muss, für das Sub-Motiv aber nur 1 Sekun­de, kann es sein, dass rei­nes HDR-Über­la­gern zu Geis­ter-Effek­ten führt, da die Nord­lich­ter nicht still hal­ten. Evtl. müss­te man zwei Bil­der machen und spä­ter die bei­den Bild­be­stand­tei­le zusam­men­schnei­den. (Also kein HDR.)
    • Ver­laufs­fil­ter hät­ten sehr hilf­reich sein kön­nen, um z.B. das unte­re Bild­drit­tel abzu­blen­den. Da ich aber lei­der kei­ne hat­te, kann ich dazu nichts wei­te­res sagen. Das war das eine Stück Aus­rüs­tung, das ich ger­ne mir vor­her nocht besorgt hät­te und ich mir bei einer wei­te­ren Rei­se defi­ni­tiv vor­her anschaf­fen werde.
  • Schär­fe ist in Dun­kel­heit eine Herausforderung. 
    • Man muss sei­ne Objek­ti­ve blind, in Dun­kel­heit und mit Hand­schu­hen bedie­nen kön­nen. Gera­de die Schal­ter für den auto-/ma­nu­el­len Fokus sind an mei­nen Objek­ti­ven nur sehr schwie­rig umschalt­bar gewe­sen mit Handschuhen.
    • Manu­ell habe ich die Objek­ti­ve immer auf die Unend­lich­keits-Ein­stel­lung gedreht, durch den Sucher geschaut und mini­mal „zurück” gedreht und mich mög­lichst an Ster­nen ori­en­tiert, bis die­se sehr scharf waren.
    • Oft habe ich auf hel­le Bild­be­stand­tei­le fokus­sie­ren kön­nen, wenn ich z.B. ein Ufer im Bild hat­te. Des­we­gen habe ich manch­mal auch den Auto­fo­kus nut­zen kön­nen, trotz gro­ßer Dunkelheit.
    • Ich habe es nur sel­ten geschafft, Nord­lich­ter wirk­lich scharf abzu­bil­den. Das Problem: 
      • Nord­lich­ter bewe­gen sich und sind rela­tiv lichtschwach.
      • Ich will also eine Offen­blen­de nut­zen, um mög­lichst kurz belich­ten zu können.
      • Dadurch ver­lie­re ich aber Schärfe.
      • Eigent­lich will ich daher abblen­den, um z.B. mit Blen­de 4 oder 5,6 eine höhe­re Schär­fe zu erhalten.
      • Dafür muss ich aber län­ger belich­ten, z.B. 8 oder 15 Sekun­den lang.
      • Aber da sich Nord­lich­ter bewe­gen… sind sie dann unscharf. :-( 
      • Natür­lich kann man die ISO-Emp­find­lich­keit hoch­dre­hen, aber das hat Gren­zen. (Ins­be­son­de­re, wenn man auch licht­stär­ke­re Objek­te wie Häu­ser im Bild hat.)
      • Mei­ne Emp­feh­lung: Du soll­test mit dei­ner Kame­ra im Vor­feld, am bes­ten noch zu Hau­se, nachts raus­ge­hen und Auf­nah­me­r­ei­hen machen von ent­fern­ten hel­le Objek­ten (Stra­ßen­lam­pen, oder Häu­sern in der Fer­ne) und schau­en, bis zu wel­chen Ein­stel­lun­gen du gehen willst. Und übe das bit­te mit dei­nen Hand­schu­hen; auch wenn’s bei dir warm ist!
Entweder Wellen eines gerade auf Warp beschleunigtes Raumschiff, oder nur ein Nordlicht.
Ent­we­der Wel­len eines gera­de auf Warp beschleu­nig­tes Raum­schiff – oder nur ein Nordlicht.
  • Nimm dir nach den gemach­ten Bil­dern sobald wie mög­lich die Zeit, dir die gemach­ten Pho­tos kurz auf einem Note­book in dei­ner Bild­be­ar­bei­tung wie ON1 Pho­to­Raw (mein Bei­leid, soll­test du noch Ado­be Ligh­t­room benut­zen und die Abo-Blut­sauger und Daten­schutz­fein­de unter­stüt­zen) anzu­se­hen. Du weißt sicher­lich, dass Pho­tos auf klei­nen Dis­plays oft toll aus­se­hen, dann aber die Ernüch­te­rung auf dem gro­ßen Moni­tor fol­gen kann. Du willst noch wäh­rend dei­ner Rei­se mög­lichst schnell nach dem Foto­gra­fie­ren erken­nen, ob du etwas falsch gemacht hast! Das hal­te ich für so wich­tig, daher: Du willst noch wäh­rend dei­ner Rei­se mög­lichst schnell nach dem Foto­gra­fie­ren erken­nen, ob du etwas falsch gemacht hast!
    • Nord­lich­ter sind alle unscharf? Ups! Ich üb’ jetzt noch­mal das Fokus­sie­ren bei Dun­kel­heit in Käl­te mit mei­nen Hand­schu­hen drau­ßen vor der Tür.
    • Ein Objek­tiv hat einen ein­ge­trock­ne­ten Trop­fen oder Schmutz in vie­le Bil­der ein­ge­fügt? Ups! Ich soll­te jetzt sofort mei­ne Objek­ti­ve putzen!
    • Unschär­fe trotz Sta­tiv? Ups! Es war deut­lich zu viel Wind, und die Mikro-Bewe­gun­gen mei­nes ansons­ten sta­bi­len Sta­tiv haben zum Rui­nie­ren gereicht! (Mor­gen fahr’ ich das Sta­tiv nicht ganz aus und hän­ge mit­ge­nom­me­ne schwe­re Gegen­stän­de unten dran oder beiß’ in den sau­ren ISO-Apfel.)
  • Back­ups. Dazu muss ich hier wohl nix sagen; da du eh ein Note­book dabei haben soll­test (sie­he vor­he­ri­gen Punkt), kannst du auch noch 1–2 exter­ne SSD-Fest­plat­ten oder SD-Kar­ten mit­neh­men und täg­lich die neu­en Pho­tos dar­auf kopie­ren. Ansons­ten gilt, wie immer: Kein Back­up, kein Mitleid.
  • Eine Klei­nig­keit: Ich habe erst zu Hau­se bemerkt, dass etli­che mei­ner Bil­der kei­ne GPS-Koor­di­na­ten hat­ten. Das lag dar­an, dass ich oft Objek­ti­ve wech­sel­te und dabei schnell sein muss­te. Mei­ne Kame­ra braucht aber immer einen Augen­blick zur Ortung. Ich war oft so schnell, dass ich nach dem Objek­tiv­wech­sel sofort Fotos gemacht hat­te, und die Koor­di­na­ten noch nicht ver­füg­bar waren. Das ist natür­lich nicht so schlimm, aber ich woll­te es der Voll­stän­dig­keit hal­ber hier auch noch erwähnen.

Auge ./. Kamera

Und hier noch die Ant­wort auf eine Fra­ge, die ich mir vor­her auch stell­te: Wie inten­siv sieht man Nord­lich­ter eigent­lich? „Sieht” nur die Kame­ra schwa­ches Licht und die Bil­der, die man kennt, sind alle per Kon­trast-/Farb­reg­ler hochgedreht?

Ant­wort: Wir sahen Nord­lich­ter pro­blem­los mit den Augen und auch rela­tiv stark/grünlich. Auf den Bil­dern sind sie jedoch tat­säch­lich etwas stär­ker als in Natu­ra. Ich schät­ze, dass sie auf (unbe­ar­bei­te­ten) Bil­dern ca. 25% inten­si­ver erscheinen.

Nordlichter hinter Bergen
Nord­lich­ter hin­ter Bergen

Oslo

Auf dem Weg nach Trom­sø flo­gen wir über Oslo und hat­ten dort einen Zwi­schen­auf­ent­halt für drei Tage ein­ge­legt. Oslo ist auf jeden­fall mal einen Besuch wert! Die Zeit dort war für uns sehr kurz, hier den­noch eini­ge Notizen:

  • Unbe­dingt die Deich­mann-Biblio­thek anschau­en! Ein wah­rer Drit­ter Ort für alle Men­schen in groß­ar­ti­ger Architektur!
Mastodon-Beitrag über Deichmann-Bibliothek in Oslo
  • Das House of Nerds hat nicht nur stil­vol­le Cock­tails über Pac­Man & Co., son­dern auch zahl­rei­che Brett­spie­le, Kon­so­len, einen VR-Raum und mehr für einen schö­nen Abend.
Mastodon-Beitrag über House of Nerds in Oslo.
  • Wenn es die Zeit erlaubt, lohnt sich ein Besuch der Oper Oslo. Das Gebäu­de hat eine tol­le Archi­tek­tur, und bei einer Füh­rung (gibt es auch auf Deutsch) kommt man über­all hin, von den Büh­nen bis zu den Werk­stät­ten und sieht, wel­cher Auf­wand hin­ter den Büh­nen betrie­ben wird. Wenn ich wie­der nach Oslo rei­se, wer­de ich vor­her schau­en, ob ich mir dort auch mal eine Vor­stel­lung anschau­en kann. Das Dach des Opern­hau­ses ist übri­gens jeder­zeit zugäng­lich und bie­tet einen guten Aus­blick über die loka­le Hafengegend.
Opernhaus Oslo
Opern­haus Oslo
  • Zuletzt, nicht bezüg­lich Oslo, aber eine sehr gute Sache: Mani­pu­lier­te Men­schen in der Wer­bung müs­sen als sol­che gekenn­zeich­net werden.
Mastodon-Beitrag über Werbeplaket mit Hinweis über Bildmanipulation in Oslo.
Mast­o­don-Bei­trag über Wer­be­pla­ket mit Hin­weis über Bild­ma­ni­pu­la­ti­on in Oslo.

Sons­ti­ges

  • Geld: Erwar­tungs­ge­mäß habe ich die gan­ze Zeit kein Bar­geld gebraucht. Ich habe kei­ne Ahnung, wie NOKs eigent­lich phy­sisch aussehen.
  • Kos­ten: Für die 1,5 Wochen habe ich ins­ge­samt grob 2.500€ aus­ge­ge­ben. Ganz genau kann ich es nicht sagen; da ich zum einen vie­les an teu­re­rer Klei­dung (Ski­ho­sen, Stie­fel, …) schon hat­te, ande­rer­seits ich mir auch eini­ges neu gekauft habe (Parka, Akti­ve Hand­schu­he, …), die ich ja aber auch noch sehr lan­ge haben werde.)
  • Mobilfunk/Netzabdeckung: Naja, wie man es außer­halb Deutsch­lands halt erwar­ten wür­de, wenn Men­schen an der Macht sind, für die das Inter­net in den 1980er Jah­ren Neu­land war.

Fazit

Es war eine sehr schö­ne Zeit. Wir hat­ten mehr Glück als Ver­stand, in einer Zeit dort gewe­sen zu sein, an der die Son­ne so aktiv war. (An einem Abend, sinn­ge­mäß: „Oh, wir haben sehr hohe Nord­licht­ak­ti­vi­tät!” – „Schon wie­der… – ach, heu­te Abend lie­ber mal was essen gehen?”)

Wer die Mög­lich­keit hat, an den Polar­kreis zu rei­sen, soll­te dies am bes­ten jetzt noch bis Febru­ar 2026 tun, bevor die Son­nen­ak­ti­vi­tät abneh­men wird. Und gene­rell gilt dabei natür­lich: Je nörd­li­cher, des­to besser.

Viel­leicht fah­re ich auch bald mal wie­der dorthin…

Rückflug: Aus dem Flugzeug über das norwegische Eis
Rück­flug: Aus dem Flug­zeug über das nor­we­gi­sche Eis. Bis zum nächs­ten Mal.

Du willst noch ein paar Nord­licht­bil­der sehen? Auf mei­nem Pho­to­blog lichtspiele.akde gibt es noch eini­ge mehr.