Anfang November 2017 habe ich mein 4 Jahre lang genutztes MacBook Air in die Rente (bzw. effektiv zu einer meiner Schwestern) geschickt und auf das MacBook Pro 2017 (13 Zoll, mit TouchBar) gewechselt. Hier fasse ich kurz einige subjektive Erfahrungen nach gut einem halben Jahr zusammen.
Die Hardware ist überwiegend hervorragend, aber ich möchte hier primär erzählen, mit was ich nicht zufrieden war, das man sonst in Testberichten nicht liest.
Die elende tolle Tastatur
Ursprünglich war ich mir sicher, dass ich mir dieses MBP nie kaufen würde. Nachdem ich das 2016er-Modell in einem Apple Store kurz testete, war ich entsetzt von der schrecklichen Tastatur. Da ich primär mit der Tastatur arbeite, war das für mich ein K.O.-Kriterium.
Ende Sommer 2017 war ich dann eine Woche lang in Irland unterwegs mit Freunden, von denen einer das neue MacBook Pro dabei hatte. Ich nahm es einige Male und nach einiger Zeit wurde das Tipp-Gefühl immer besser, so dass ich kaum noch auf meinem MacBook Air tippen wollte. Ich war erstaunt, wie hervorragend die Tastatur für mich funktionierte, nachdem ich sie längere Zeit verwendete. Mein erstes Gefühl im Apple Store mit einigen Trockenübungen im Texteditor war irreführend.
Nachdem ich im Herbst meinen Schreibtisch neu eingerichtet hatte und dann auch zwei externe Monitore nutzen wollte, ist die Wahl dann doch auf das MacBook Pro gefallen. Anfangs habe ich noch gedacht, dass ich zu Hause sowieso immer eine externen Tastatur nutze und dies ja auf jeden Fall weiter machen könnte, sollte ich mit der Tastatur doch nicht zurecht kommen. Und für Unterwegs wäre sie gut genug.
Ein halbes Jahr später: Hm, ich nutze meine externe Tastatur ja überhaupt nicht mehr…
Daher: Ja, das Tippgefühl mit den Butterfly-Tasten fühlt sich erst mal sehr komisch an, kann aber tatsächlich hervorragend sein. Ob man selbst damit zurecht kommt, kann man meiner Meinung nach nur herausfinden, wenn man mal mehrere Stunden lang normal mit der Tastatur arbeitet. Einige Minuten Ausprobieren bringen im besten Fall überhaupt nichts und führt im schlechtesten Fall zu einer voreilligen Meinung.
Die Leistung
Ich habe das 13 Zoll-Modell mit schnellster CPU (i7-7567U), maximalem RAM (16 GB) und kleinster SSD (256 GB) gekauft. Die SSD ist sehr, sehr schnell. Wartezeiten auf Daten gibt es praktisch nicht mehr, weil immer irgendeine andere Komponente langsamer ist. Aber mich hat deprimiert, dass meine Hauptanwendungen kaum schneller laufen. Im Vergleich zu meinem MacBook Air von Mitte 2013 (auch maximale CPU und RAM) beträgt die subjektive Geschwindigkeitssteigerung nahezu Null.
Nahezu Null.
Damit beziehe ich mich vor allem auf die Geschwindigkeit von Test-Suites in RSpec oder Cucumber in RubyMine. Kontinuerlich volle CPU-Auslastung erreiche ich überwiegend bei dem ständigen Ausführen von Tests, die beim test-getriebenen Entwickeln halt ständig duchlaufen müssen. Festzustellen, dass 4 Jahre neuere Hardware die Durchlaufzeiten von 5:43 Minuten auf 5:28 Minuten senkt, war deprimierend.
Ich weiß ja, dass die Single-Thread-Leistung schon lange nicht mehr stark steigt, aber ich hatte schon die Erwartungshaltung gehabt, wenigstens im ersten Jahr eine höhere Schwuppdizität zu haben. Wie es früher mit neuen Rechnern so war. Aber das darf man wohl nicht mehr erwarten.
Die Laufzeit
Vorher nutzte ich primär ein MacBook Air. Dass mittlerweile gut vier Jahre alt und dessen Akku-Kapazität mittlerweile von 7150 mAh auf 5229 mAh gefallen ist. Und damit läuft es immer noch länger als ein fabrikneue MacBook Pro.
Denn das MacBook Pro hat eine Akku-Kapazität von 4315 mAh im Neuzustand. Und eine höhere Leistungsaufnahme, vermutlich insbesondere bedingt durch den deutlich höher aufgelösten und helleren Bildschirm. Jetzt kann man sich die Konsequenzen ausrechnen.
Die effektive Laufzeit im Alltag beträgt bei mir im Schnitt 5 Stunden. Beim Entwickeln mit einer IDE, sporadischen Testdurchläufen, bei denen ein Kern ab und zu mal 5 Minuten auf Vollast (nicht öfter als 2 mal je Stunde) arbeitet und dem Bildschirm auf ca. 75%. Die von Apple angegebenen „bis zu 10 Stunden” halte ich für völlig unrealistisch. Das ist vielleicht mit einem externen Monitor, ausgeschaltetem internen Display und ausschließlichem Textschreiben möglich.
Das ist eine deutliche Verschlechterung zu früher. Beim MacBook Air erreichte ich locker Laufzeiten von 8–9 Stunden. Mit genau den gleichen Aktivitäten und gleicher Software.
Anders ausgedrückt: Mittlerweile nutze ich das Netzteil wieder tagsüber.
Allerdings war mir natürlich bewusst, dass das MBP nicht so sehr auf Laufzeit optimiert ist wie das MBA. Aber dass der Unterschied dann doch so stark sein würde und auch so dermaßen stark von der versprochenen Laufzeit abweichen würde, hätte ich nicht gedacht. Bisher waren meiner Erfahrung nach die Laufzeit-Angaben bei Apple-Geräten realistisch. Aber ab jetzt traue ich ihnen nicht mehr.
Ergänzung 22. April: Gestern war mein MBP fast voll, heute morgen leer, ohne dass ich es benutzt hätte. Allerdings habe ich die Nacht über mein iPad angeschlossen, um es zu laden. (Ich war nicht zu Hause und nicht genug Steckernetzteile dabei.) Wie viele andere nutze ich manchmal mein Notebook, um Geräte über USB zu laden, da Notebooks meistens genug Energie gespeichert haben, um „kleinere” Geräte zu versorgen.
Mit dem relativ kleinen MBP-Akku kann man damit aber in eine Falle laufen. Mein iPad-Akku (5. Generation) hat eine Kapazität von 8557 mAh und damit fast doppelt so viel Kapazität wie der Akku des MBPs. Damit ist klar: lädt man ein iPad, das weniger als 50% Akku-Leistung hat, über Nacht am neuen MacBook Pro, dass nicht am Netzteil hängt, ist letzteres am nächsten Tag leer. Mit neueren Smartphones könnte das auch eine „Gefahr” darstellen. Gerade wenn man unterwegs ist, sollte man dies im Hinterkopf behalten.
CATERR detected! No MCA data found.
Die deutlichste Produktivitätssteigerung stellte sich durch externe Hardware ein. Vorher hatte ich einen Full HD 27 Zoll-Monitor zusätzlich zum Monitor des MacBook Airs genutzt. Jetzt kommen zu dem internen, über alle Zweifel phantastischen Retina-Display zwei 27-Zoll-Monitore mit 2,7k und 4K hinzu. (Der 4K-Monitor ist natürlich auf 2,7k herunterskaliert. Was um Welten besser ist als der native 2,7k-Monitor. Daher auch hier meine Empfehlung, beim Neukauf lieber 4k zu kaufen. Man skaliert es zwar sowieso herunter, aber der Schärfegewinn ist phänomänal.)
Leider ist das aber auch eine anhaltende Quelle von Problemen. In 50% aller Fälle, in dem beide Monitore (über DisplayPort) angeschlossen sind und aus dem Ruhezustand aufwachen sollen, gibt’s eine Kernel-Panik und das System startet neu. Anfangs sah ich folgende Fehlermeldung gut ein Dutzend Mal die Woche:
*** MCA Error Report *** CPU Machine Check Architecture Error Dump (CPU: Intel(R) Core(TM) i7-7567U CPU @ 3.50GHz, CPUID: 0x806E9) CATERR detected! No MCA data found.
Mittlerweile stecke ich die Monitore einfach immer ab, wenn ich das Notebook verlasse, um nicht zu riskieren, dass alles einschläft und dann nie wieder aufwacht. Das Problem ist bekannt, im Netz finden sich unzählige Leidgenossen. (Das Problem startete mit dem MacBook Pro 2016 und ist in der 2017-Version immer noch im Kaufpreis enthalten.)
Immer wieder stürzt das System aber auch beim Einstecken eines externen Monitors ab. (Bei verschiedenen Monitoren, nicht immer demselben.) D.h. ich habe eigentlich jede Woche 1–2 harte Abstürze (Stand April 2018). Ich habe schon Kabel getauscht, Kreuz-Tests gemacht, Apple Support/-Store/Dritthändler kontaktiert und die Monitore natürlich auch schon ausführlich mit anderen Geräten getestet. Zuverlässig treten die Probleme nur mit dem MacBook Pro auf — auch mit einem anderen MacBook Pro 2016, das ich testweise mit von einer Bekannten mal ausgeliehen hatte.
Im Dezember hatte ich festgestellt, dass die Abstürze seltener wurden, nachdem ich die Monitore auf DisplayPort 1.1 eingestelle hatte (vorher DisplayPort 1.2). Aber das hielt nur bis Februar an; ein macOS-Update sollte bestimmte Graphik-Probleme mit dem MBP beheben, aber seitdem stürzt das System immer wieder regelmäßig ab, egal ob die Monitore jetzt mit DP 1.1 oder DP 1.2 arbeiten.
Ich lebe damit, es ist das einzige echte Problem des Gerätes. Dass Problem tritt jetzt schon seit knapp zwei Jahren auf. Bei unzähligen Benutzern. Bei einem Notebook für 2500€. Blamabel. Dermaßen.
Aktualisierung Juni 2018: Einige macOS-Update später: Weiterhin unverändert.
Die TouchBar
… ist oft eine nützliche Ergänzung. Es ginge auch ohne, aber oft ist es sehr praktisch. Ich nutze sie vor allem zur Audio-Steuerung (um z.B. direkt in Podcasts mit den Fingern etwas nach vorne navigieren zu können) und zum Telefonieren und je nach Anwendung auch zum schnellen Umschalten oder Ablesen von Kurz-Infos.
Schöne Idee, oft praktisch, aber kein Muss. Das ist im Prinzip alles, was mir derzeit dazu einfällt. (Zu den letzten beiden Fotos: AppSwitcher und Nyancat Touch.)
Das Netzteil — Vorsicht im ICE!
Mein MacBook Air-Netzteil musste ich einmal neu kaufen, weil sich nach gut drei Jahren ein Kabelbruch angebahnt hatte. Das kann bei den neuen MacBook Pro-Netzteilen nicht mehr passieren, da Kabel und Netzteil getrennt sind. Man steckt das USB-C-Kabel in das Netzteil und in das Notebook. Das Netzteil hat keine beweglichen Teile mehr, die verschleißen könnten. Sehr schön!
Aber: Ich habe angefangen mir anzugewöhnen, das Kabel erst am Notebook und dann am Netzteil herauszuziehen, das Kabel schön zu falten und dann das Netzteil aus der Steckdose zu ziehen. Und vor einigen Wochen saß ich wieder im ICE und habe den letzten Schritt vergessen. Denn das Netzteil versteckt sich perfekt in der Steckdose zwischen den ICE-Sitzen. Das fällt nicht mehr auf, wenn man nicht daran denkt und abgelenkt ist. Das wäre mir mit dem alten nicht passiert, denn mit dem fest montiertem Kabel hätte ich das nicht übersehen.
Naja, Lehrgeld bezahlt (80€). Ich mache das USB-C-Kabel jetzt nie mehr vom Netzteil ab…
Fazit
Ohne es im Detail ausgeführt zu haben, weil ich mich hier auf negative Aspekte konzentriert habe, ist das MacBook Pro ein überwiegend hervorragendes Gerät und ich bin größtenteils damit zufrieden. „Größtenteils”. Das ist schon traurig, gerade für den Preis. Das Preis-/Leistungsverhältnis erachte ich daher mittlerweile als sehr schlecht. Ein angemessener Preis wären ca. 1500€. Aber auf keinen Fall 2500€.
Eine günstigere Variante wären die Nicht-TouchBar-Versionen gewesen. Die TouchBar ist zwar oft eine nützliche Ergänzung, aber wie geschrieben (derzeit) kein Muss. Aber die Nicht-TouchBar-Modelle haben insgesamt nur zwei USB-C-Anschlüsse. Damit bekäme ich keine zwei normalen externen Monitore hin und gleichzeitig ein Netzteil. (Es gibt Monitore, mit denen man auch das MBP laden kann, aber das wäre schon eine sehr starke Einschränkung.) Insgesamt komme ich mit 4 USB-C-Ports gut zurecht; zwei gingen für mich gar nicht. (Nachtrag 22:48 Uhr: USB‑C ist allerdings so mächtig, dass man das Problem mit Docking Stations/Thunderbold Stations lösen kann. Danke an Felix für die Ergänzung!)
Ich bin mir mittlerweile nicht mehr sicher, ob ich nach 4 Mac-Notebooks mir in ein paar Jahren nicht doch wieder ein Linux-Notebook kaufen sollte. Was ich eigentlich nicht will, denn auch wenn ich sonst überall nur mit Linux (und manchmal OpenBSD) arbeite, als Desktop finde ich weiterhin macOS mit Abstand am besten. Tja, mal sehen.